Urteil des EuGH – ist Rufbereitschaft Arbeitszeit?
Ob Feuerwehrleute, Ärzte oder Klempner: Es gibt zahlreiche Berufe, in denen Arbeitnehmer auch außerhalb ihrer „normalen“ Arbeitszeiten auf Abruf einsatzbereit sein müssen. Denn Brände, Verletzungen und Rohrbrüche halten sich in der Regel nicht an die üblichen Geschäftszeiten. Daher sind diese Arbeitnehmer oft auch in ihrer Freizeit auf Abruf bereit – man spricht dabei von Rufbereitschaft. Problematisch daran ist, dass die Betroffenen dadurch in ihrer Freizeitgestaltung erheblich eingeschränkt sind. Denn meist sind sie während ihrer Rufbereitschaft dazu verpflichtet, innerhalb kurzer Zeit am Arbeitsplatz zu erscheinen. Trotzdem galt die diese Zeit bisher nach dem Arbeitszeitgesetz nicht als Arbeitszeit und wurde daher auch nicht entsprechend vergütet.
Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Doch aus einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) geht hervor, dass Rufbereitschaft auch als Arbeitszeit gewertet werden kann. Voraussetzung dazu ist, dass der Arbeitnehmer erheblich in seiner Freizeitgestaltung und der Wahrnehmung eigener Interessen eingeschränkt ist.
Nach Ansicht des EuGH liegt grundsätzlich Arbeitszeit vor, wenn der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft verpflichtet ist, seine Arbeit innerhalb weniger Minuten aufnehmen zu können. Denn in einem solchen Fall ist der Arbeitnehmer nicht in der Lage eine auch noch so kurze Freizeitaktivität zu planen. Zu berücksichtigen ist weiterhin, ob der Arbeitnehmer aufgrund der Rufbereitschaft verpflichtet ist, zuhause zu bleiben. Und ob er im Durchschnitt oft Einsätze leisten muss.
Kann der Arbeitnehmer demgegenüber frei über seine Zeit verfügen und ist in seiner Freizeitgestaltung nicht sonderlich eingeschränkt, handelt es sich bei der Rufbereitschaft um Ruhezeit. Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass die nationalen Gerichte stets im Einzelfall entscheiden müssen, ob nun Arbeits– oder Ruhezeit vorliegt.
Vergütung der Rufbereitschaft
Letztlich stellte der EuGH klar, dass das europäische Recht nicht regelt, wie die Rufbereitschaft zu vergüten ist. Dies hänge vielmehr von nationalen Regelungen, Tarifverträgen oder der Entscheidung des Arbeitgebers ab. Demnach sei es durchaus möglich, die Rufbereitschaft als „Arbeitszeit“ einzustufen. Man muss aber differenzieren und Abstufungen treffen im Vergleich zu Zeiten, in denen der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet.
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