Muss man als Arbeitnehmer auch während der Freizeit für den Arbeitgeber erreichbar sein?
Im digitalen Zeitalter sind die meisten jederzeit erreichbar. Daher ist es für Arbeitgeber ein Leichtes, ihre Arbeitnehmer per Smartphone auch in deren Freizeit zu kontaktieren. Doch ist das überhaupt zulässig? Muss man als Arbeitnehmer ständig erreichbar sein? Das erfahren Sie hier:
Keine gesetzliche Grundlage zur Erreichbarkeit während der Freizeit
Im Gesetz gibt es keine Regelung dazu, ob ein Arbeitnehmer ständig erreichbar sein muss. Demnach besteht keine gesetzliche Pflicht des Arbeitnehmers, für den Arbeitgeber auch nach Feierabend oder im Urlaub zur Verfügung stehen zu müssen.
Dies darf der Arbeitgeber auch nicht dadurch umgehen, dass er den Arbeitnehmer durch eine Klausel im Arbeitsvertrag zu permanenter Erreichbarkeit verpflichtet. Enthält der Arbeitsvertrag trotz dessen eine solche Regelung, ist diese grundsätzlich unwirksam.
Hinweis: Nichts anderes gilt, wenn der Arbeitnehmer über ein Diensthandy verfügt. Dieses darf nach Feierabend oder im Urlaub auch ausgeschaltet werden.
Wie sieht es im Home-Office aus?
Diese Grundsätze gelten ebenfalls, wenn der Arbeitnehmer im Home-Office arbeitet. Auch hier besteht nicht die Pflicht, nach Feierabend erreichbar zu sein.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Hat ein Arbeitnehmer Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft, muss er während dieser Zeit stets erreichbar sein.
Unter Bereitschaftsdienst ist dabei zu verstehen, dass sich der Arbeitnehmer bereithalten muss, um kurzfristig seine Arbeit aufnehmen zu können, falls diese benötigt wird. Um den Arbeitnehmer darüber informieren zu können, dass seine Arbeitskraft gebraucht wird, muss ihn der Arbeitgeber erreichen können.
Gleiches gilt bei der Rufbereitschaft. Auch hier muss der Arbeitnehmer auf Abruf bereit sein, seine Arbeit aufzunehmen. Der Unterscheid zum Bereitschaftsdienst besteht darin, dass der Arbeitnehmer dabei grundsätzlich frei bestimmen darf, wo er sich aufhält.
Erreichbarkeit im Urlaub
Auch im Urlaub müssen Arbeitnehmer grundsätzlich nicht für den Arbeitgeber erreichbar sein. Schließlich dient Urlaub der Erholung. Dazu gehört, dass der Arbeitnehmer seine Freizeit selbst gestalten und nach seinen Vorstellungen nutzen kann. Dies kann jedoch nicht gelingen, wenn der Arbeitnehmer ständig damit rechnen muss, von seinem Arbeitgeber kontaktiert zu werden und dazu sicherstellen muss, auch erreichbar zu sein.
Hier besteht nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) jedoch eine Ausnahme: Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer auch im Urlaub kontaktieren, wenn dazu eine „zwingende Notwendigkeit“ besteht. Voraussetzung dazu ist jedoch, dass beispielsweise die Existenz des Arbeitgebers bedroht ist und nur der jeweilige Arbeitnehmer diese Bedrohung abwenden kann (Az. 9 AZR – 405/99).
Wie kann man ständige Erreichbarkeit vermeiden?
Möchte ein Arbeitnehmer in seiner Freizeit nicht vom Arbeitgeber kontaktiert werden, empfiehlt es sich, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen und klare Regelungen zu treffen. Vereinbaren Sie konkret, wann Sie als Arbeitnehmer in der Regel erreichbar ist und wann nicht bzw. was unter einen Notfall fällt.
Das gilt insbesondere dann, wenn Sie als Arbeitnehmer bisher stets erreichbar waren und dies nun ändern möchte. Finden Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine Einigung, anstatt die ständige Erreichbarkeit „schweigend“ zu beenden.
Was tun im Falle einer Abmahnung?
Um eine Abmahnung zu vermeiden, helfen zunächst klare Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Sollte es dennoch zu einer Abmahnung kommen, ist diese grundsätzlich unrechtmäßig. Schließlich dient eine Abmahnung dazu, den Arbeitnehmer auf dessen vertragswidriges Verhalten hinzuweisen und gleichzeitig aufzufordern, dieses künftig zu unterlassen. Ein solches vertragswidriges Verhalten kann hier jedoch gerade nicht vorliegen. Denn eine arbeitsvertragliche Klausel, die den Arbeitnehmer zu ständiger Erreichbarkeit verpflichten würde, wäre unwirksam. Daher kann der Arbeitnehmer in einem solchen Fall gegen die Abmahnung vorgehen.
Eine Ausnahme gilt auch hier nach der Entscheidung des BAG, wenn die zwingende Notwendigkeit besteht, den Arbeitnehmer zu kontaktieren.
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