Impfpflicht in Pflegeberufen: Bußgeldandrohung rechtswidrig
Seit dem 15. März müssen Beschäftigte in Pflegeberufen und -einrichtungen einen sogenannten „Immunitätsnachweis“ erbringen (oft wird von „Impfpflicht“ gesprochen). Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, unverzüglich nach Ablauf des 15. März 2022 an das zuständige Gesundheitsamt zu melden, welche bei ihm tätigen Personen die Nachweise nicht vorgelegt haben. Einige Gesundheitsämter haben bei Zuwiderhandlung ein Bußgeld angedroht. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat nun entschieden, dass ein solcher Verwaltungsakt rechtswidrig sei (Beschluss vom 13. Juni 2022, Az. 1 B 28/22).
Zum Sachverhalt:
Eine Zahnarzthelferin aus Flensburg hatte ihrem Arbeitgeber bis zum 15. März 2022 keine Immunitätsbescheinigung vorgelegt. Dieser informierte daraufhin das Gesundheitsamt, welches die Frau mittels Bescheid aufforderte, bis Anfang Juni einen Impf- oder Genesenennachweis vorzulegen bzw. ein ärztliches Attest, das bescheinigt, dass gesundheitliche Probleme gegen eine Impfung sprechen („medizinische Kontraindikation“).
Sollte sie der Aufforderung nicht nachkommen, wurde ihr ein Bußgeld in Höhe von 2500 Euro unter „sofortiger Vollziehung“ angedroht. Das heißt, ein Widerspruch gegen den Bescheid hätte keine aufschiebende Wirkung. Damit wollte das Gesundheitsamt langwierige Rechtsbehelfsverfahren umgehen.
Hiergegen legte die Zahnarzthelferin Widerspruch vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht ein und begehrte einstweiligen Rechtsschutz. Das Verwaltungsgericht gab ihr Recht und die aufschiebende Wirkung des Bescheids wurde wiederhergestellt. Zudem heißt es in dem Beschluss: „Die in dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Anordnung zur Vorlage eines Impfnachweises […] ist offensichtlich rechtswidrig.“
Hintergrund: Impfpflicht kein Zwang
Wenn die Vorlagepflicht mit einem Bußgeld verknüpft ist, laufe dies laut VG auf eine Impfpflicht hinaus. Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts habe sich der Gesetzgeber aber gerade gegen eine solche Impfpflicht entschieden. Personen, die keinen Nachweis erbringen, drohe vielmehr ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot (§ 20a Abs. 5 S. 3 IfSG).
Bedeutung für Praxis
Alle bislang ergangenen Bescheide der Gesundheitsämter, die ein Bußgeld androhen, sind rechtswidrig und damit anfechtbar. Allerdings müssen die Betroffenen gegen den Bescheid Widerspruch einlegen.
Doch beachten Sie: Ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot bleibt davon unberührt.
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