Fitnessstudios und Corona: Beitragszahlungen und Kündigung
Durch die Corona-Pandemie erfahren die Menschen in allen Bereichen des Lebens Einschränkungen. Viele Sporteinrichtungen wie Fitnessstudios mussten zeitweise schließen. Viele Kunden treibt daher die Frage um, ob sie ihren Vertrag kündigen oder sich die Beiträge erstatten lassen können. Wir geben einen Überblick über die häufigsten Fragen und die unterschiedlichen gerichtlichen Entscheidungen.
Darf ich meinen Fitnessstudiovertrag außerordentlich kündigen?
Hier lautet die Antwort klar: Nein. Eine vorübergehende Schließung reicht für eine außerordentliche Kündigung nicht aus. Denn: Die Dienstleistung kann zu einem späteren Zeitpunkt wieder in Anspruch genommen werden. Zudem liegt kein Verschulden des Fitnessstudios vor. Generell gibt es bei behördlich verfügten Schließungen kein Sonderkündigungsrecht.
Kann ich den Vertrag normal kündigen?
Ja, der Vertrag kann fristgerecht gekündigt werden. Die im Vertrag ursprünglich festgelegten Fristen gelten unverändert weiter. Sie können also fristgerecht kündigen und nach Vertragsende die Zahlungen einstellen.
Verlängert sich der Vertrag durch die coronabedingte Schließung?
Viele Fitnessstudios verlängern den Vertrag um die Zeit der Schließung. Diese einseitige Vertragsverlängerung wird unterschiedlich gehandhabt: Die Verbraucherzentralen erachten eine solche Vertragsänderung ohne die Zustimmung der anderen Vertragspartei als unzulässig. Das AG Torgau (Az.: 2 C 382/19) hingegen sieht in der Corona-Pandemie eine „Störung der Geschäftsgrundlage“ nach § 313 BGB. Der Paragraf besagt, dass ein Festhalten am Vertrag unzumutbar ist, wenn sich nach Vertragsschluss die Umstände, die zum Vertragsschluss geführt haben, schwerwiegend ändern. Vor diesem Hintergrund sei es den Kunden aber zumutbar, am Vertrag festzuhalten und eine Verlängerung um die Monate der Schließung zu akzeptieren.
Kann ich meine Beitragszahlungen in den Monaten der Schließung einstellen oder zurückverlangen?
Prinzipiell gilt: Wenn eine vereinbarte Leistung nicht angeboten werden kann, entfällt der Entgeltanspruch. Juristen sprechen von einer rechtlichen Unmöglichkeit. Für Kunden entfällt damit die Pflicht, ihre Beiträge zu zahlen (§§ 275 I, 326 I 1 BGB).
Allerdings wurden die Fitnessstudios aufgrund einer behördlichen Anordnung geschlossen. Das LG Würzburg (Az.: 1 HK O 1250/20) hatte daher entschieden, dass Kunden keinen Anspruch auf Erstattung der Beiträge haben.
Neueste Rechtsprechungen zu Fitnessstudios und Corona
Das Amtsgericht Papenburg (Az. 3 C 337/20) hat jedoch am 18.12.2020 zugunsten des Verbrauchers entschieden. Geklagt hatte ein Mitglied der Flamingo-Fitness GmbH, da es den Mitgliedsbeitrag während der coronabedingten Schließung zurückerstattet bekommen wollte. Das AG Papenburg gab ihm Recht. Der Kunde hat einen Anspruch gemäß §§ 346 I, 326 I u. 4, 275 I BGB auf Rückerstattung der im Schließungszeitraum bei ihm abgebuchten Mitgliedsbeiträge.
In seiner Entscheidung stellt das AG Papenburg klar, dass das Fitnessstudio den Rückerstattungsanspruch auch nicht nach § 313 BGB („Störung der Geschäftsgrundlage“, s.o.) verwehren kann. Es sei für das Fitnessstudio nicht unzumutbar, das Risiko der coronabedingten Schließung zu tragen, zumal umfangreiche finanzielle staatliche Hilfen geschaffen wurden, um Einbußen auszugleichen.
Das Amtsgericht Schöneberg hat diese Auffassung bestätigt und ebenfalls dem Fitnessstudiomitglied Recht gegeben (Urteil vom 06.05.2021, Az. 13 C 99/20).
Nun ist auch erstmals ein Urteil in 2. Instanz ergangen, das den Anspruch auf Rückerstattung der Mitgliedsbeiträge bestätigt. Das LG Osnabrück schließt sich der Entscheidung des AG Papenburg an und lehnt die durch das Fitnessstudio eingelegte Berufung ab. Dieses war der Ansicht, dass die vertraglich geschuldete Leistung, nämlich das Zuverfügungstellen des Studios, jederzeit nachgeholt werden könne und verwies auf die automatische Verlängerung der Verträge um die Dauer der Schließzeit. Das Landgericht aber argumentierte, dass es dem Fitnessstudio während der Schließung unmöglich war (§ 275 BGB), seine Leistung zu erbringen. Diese Leistung könne auch nicht nachgeholt werden. Von daher stand dem Mitglied ein Rückerstattungsanspruch gemäß § 326 Abs. 4 BGB zu. Gegen die automatische Verlängerung der Vertragslaufzeit spreche zudem eine fehlende wirtschaftliche Unzumutbarkeit aus § 313 BGB.
Das Urteil des LG Osnabrück ist derzeit noch nicht rechtskräftig und zur Revision zugelassen.
+++ Aktuelle Rechtsprechung des BGH+++
Betreiber von Fitnessstudios sind zur Rückzahlung von Mitgliedsbeiträgen verpflichtet, welche sie in der Zeit der coronabedingten Schließungen von Kunden per Lastschrift eingezogen haben. Das hat der Bundesgerichtshofs (BGH) in seinem aktuellen Urteil entschieden (Urt. v. 04.05.2022, Az. XII ZR 64/21). Zudem habe das Fitnessstudio kein Recht, die Wochen der Schließung an die Vertragslaufzeit anzuhängen.
Gutscheinlösung
Viele Fitnessstudios bieten ihren Kunden auch Gutscheine für die Zeit der Schließung an. Dies ist zulässig, da der Gesetzgeber ein Gesetz „zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht“ erlassen hat, um u.a. die wirtschaftlich verheerenden Folgen für viele Händler/ Unternehmer o.ä. etwas abzufangen. Demnach ist der Betreiber einer Sporteinrichtung nach Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB berechtigt, anstelle einer Erstattung des Entgelts einen Gutschein zu übergeben. Der Inhaber des Gutscheins kann die Auszahlung des Wertes nur verlangen, wenn
- der Verweis auf einen Gutschein für ihn angesichts seiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist oder
- er den Gutschein bis zum 31.12.2021 nicht eingelöst hat.
Löst der Inhaber den Gutschein nicht ein, kann er also nach dem 31.12.2021 die Auszahlung des Wertes des Gutscheins von dem Studiobetreiber verlangen.
Sie haben Fragen rund um das Thema Beitragszahlungen und Kündigung von Fitnessstudios während der Corona-Pandemie? Dann kontaktieren Sie uns per E-Mail info@gc-kanzlei.de oder telefonisch 06131 950090.
Weitere Informationen finden Sie auch in unserem Artikel: Kündigung Fitnessstudio bei Krankheit.
Neben der Problematik von monatelangen Schliessungen in Fitnessstudios liegt bei mir noch ein Sonderfall vor: Während des letzten Winterlockdowns (ab Nov.) hat mein Studio die Filiale geschlossen, ohne uns zu informieren. Nur zufällig erfuhr ich auf der Webseite dass dies stattfand. Im Frühjahr bekam ich dann von der neuen Betriebsleiterin einen Anruf indem ich über die Änderung offiziell informiert wurde, meine Nachfrage war sofort ob es hier auch eine Sauna gäbe (war in der alten Filiale vorhanden und für mich wichtiger Vertragsbestandteil), diese wurde verneint, man würde daran abreiten eine einzurichten. Heute erfahre ich das eine Sauna vom Bauamt nicht genehmigt wurde, für mich ein Grund den Vertrag nicht weiter zu verlängern und ausserordentlich zu kündigen (§313 Störung der Geschäftsgrundlage). Wie muss ich hier vorgehen? Od. muss ich nach § 323 eine Frist setzen die Sauna einzubauen damit mein Vertrag erfüllt werden kann und ich nach Nichterfüllung somit zur Kündigung berechtigt bin? ps: Zu keinem Zeitpunkt gab es irgendwelche schriftl. Bescheide über den Wechsel und Veränderung von Alt- zu Neufiliale.
Sehr geehrter Herr Hundt,
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