Private Feiern aufgrund von Corona absagen – Wer trägt die Kosten?
Das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in Deutschland ist durch die Corona-Krise auf den Kopf gestellt. So mussten viele Veranstaltungen und Feiern aufgrund von Corona abgesagt werden. Doch wer trägt in einem solchen Fall die Kosten?
I. Absage aufgrund eines behördlichen Verbots
Wir haben die wichtigsten Antworten am Beispiel einer Hochzeit zusammengestellt:
Für private Feiern gibt es in Rheinland-Pfalz seit dem 20. März 2022 keine Vorlagen oder Kontaktbeschränkungen mehr.
Man unterscheidet zwischen:
1. Dienstleister, die schon im Vorfeld der Hochzeit tätig geworden sind
Beispiel: Papeterie-Dienstleister
Hat der Dienstleister bereits Leistungen erbracht, die dem Brautpaar zu Gute gekommen sind, oder das Brautpaar kann diese Leistungen im Rahmen eines Ausweichtermins nutzen, besteht für diese Teilleistungen ein Vergütungsanspruch des Dienstleisters.
2. Dienstleister, die erst am Hochzeitstag tätig geworden wären
Beispiele: Fotograf, Catering, Florist
Hier besteht ein Werkvertrag, es gilt also grundsätzlich die Regelung des § 648 S. 1 BGB, d.h. die Kündigung des Werkvertrags ist jederzeit möglich. Kündigt der Besteller, kann der Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen. Allerdings muss er sich ersparte Aufwendungen anrechnen lassen. Ebenso wird sein Werklohnanspruch reduziert, wenn er seine freigewordene Arbeitsleistung nicht anderweitig einsetzt.
Es gilt die sogenannte Vermutungswirkung im Gesetz. Diese besagt, dass dem Auftragnehmer 5 % der noch nicht erbrachten Leistungen zustehen.
3. Sonderfall: Mietlocations, Locations mit Catering, Zeltverleih
Trotz behördlichem Verbot ist es für den Auftragnehmer weiterhin möglich, seine Leistung zu erbringen, also seine Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Doch ist die Durchführung für das Brautpaar nicht mehr von Interesse, da die Feier nicht in der geplanten Form stattfinden kann. Es liegt daher ein Fall der Unmöglichkeit nach § 275 I BGB vor.
Weiterhin wird das Vertragsverhältnis so behandelt, dass es keinen Leistungsaustausch mehr gibt. Der Vermieter stellt die Räumlichkeiten nicht zur Verfügung, im Gegenzug entfällt die Leistungspflicht des Hochzeitpaares für die Miete. Dies ergibt sich aus § 326 I BGB.
Schadensersatzanspruch des Vermieters
Das Risiko, die Feier durchführen zu können, liegt beim Brautpaar. Durch die Absage entgeht dem Vermieter Gewinn, daher könnte er einen Anspruch auf Schadensersatz haben. Wie hoch dieser entgangene Gewinn ist, hängt vom Einzelfall ab.
- Vertragliche Regelung: In vielen Verträgen finden sich hierzu entsprechende Regelungen, um dies pauschal zu beziffern. Diese sollten aber in jedem Fall noch einmal überprüft werden. Eine Rechtsberatung ist hier sinnvoll.
- Gesetzliche Regelung: Besteht keine vertragliche Regelung, greift das Gesetz. Das heißt, der entgangene Gewinn muss anhand der Kalkulation des Vermieters bestimmt werden. Auch hier lohnt sich eine Rechtsberatung. Zum Beispiel muss geklärt werden, ob das Brautpaar als Veranstalter gilt oder nicht, da dies Einfluss auf die Höhe des Schadenersatzes haben kann.
II. Stornogebühren, wenn das Brautpaar aufgrund von Corona absagt
Viele Brautpaare denken aufgrund der unsicheren Gesundheitslage oder der weiterhin bestehenden Einschränkungen dennoch über eine Stornierung ihrer Hochzeit nach.
Die Berechnung der Stornogebühren richtet sich in erster Linie nach dem konkreten Vertrag, den das Brautpaar mit dem Dienstleister geschlossen hat. Oftmals sind hier Stornoregelungen enthalten. Sollte dies nicht der Fall sein, müssen die gesetzlichen Regelungen herangezogen werden. Die Höhe der Stornogebühren muss für jeden Vertrag einzeln geprüft werden.
1. Mietverträge
Beispiele: Mietlocations, Locations mit Catering, Hotelbuchungen für Übernachtungsgäste
Die Leistungen aus diesen Verträgen finden erst am Hochzeitstag statt. Im Vorfeld eine Kündigung auszusprechen, ist nur möglich, sofern ein wichtiger Grund vorliegt. Die Frage, was ein wichtiger Grund ist, bemisst sich gemäß § 314 Abs. 1 S. 2 BGB nach der Interessensabwägung beider Parteien.
Wenn das Brautpaar aus reiner Vorsorge den Termin absagen will, überwiegt dies im Allgemeinen nicht das Interesse des Auftragnehmers, und wird daher nicht als wichtiger Grund angesehen. Doch gibt es hierzu nun auch gegenteilige Rechtsprechung:
Rechtsprechung des OLG Celle:
Das OLG Celle hat nun entschieden: Ein Paar, das seine geplante Hochzeit in einem Schloss aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt hat, muss dem Vermieter zwar keine Miete, aber einen angemessenen Ausgleich zahlen (Urt. v. 02.12.2021, Az. 2 U 64/21).
Zu den Gründen:
- Dem Paar war es laut Gericht nicht zuzumuten, die Feierlichkeiten durchzuführen, obwohl der Mietvertrag trotz der damals geltenden Corona-Verordnung hätte erfüllt werden können. Denn: Aufgrund des Infektionsgeschehens habe zumindest ein signifikantes medizinisches Risiko für die Anwesenden und ihre Kontaktpersonen bestanden, heißt es in dem Urteil.
- Ebenfalls sei es dem Brautpaar nicht zuzumuten gewesen, zu einem späteren Zeitpunkt zu feiern, weil eine Hochzeit für das Paar „ein ganz besonderes einmaliges Ereignis“ darstelle, welches „nicht ohne Weiteres verlegbar sei“, so die Richterinnen und Richter. Deshalb sei die Geschäftsgrundlage für den Mietvertrag entfallen und das Paar habe wirksam kündigen können.
- Der Vermieter bekomme aber eine Ausgleichszahlung zugesprochen.
+++Aktuelle Rechtsprechung des BGH+++
Einen ähnlichen Fall hatte nun der BGH zu entscheiden (Urteil vom 2. März 2022 – XII ZR 36/21): Ein Brautpaar war vom Mietvertrag mit der Location zurückgetreten, da die nordrhein-westfälische Coronaschutzverordnung vom 27. April 2020 Zusammenkünfte von mehr als zwei Personen untersagte. Es verlangte die Rückzahlung der bereits geleisteten Miete in voller Höhe. Nachdem das Amtsgericht Gelsenkirchen die Klage abgewiesen und das LG Essen dem Brautpaar eine Teilerstattung der Miete zugesprochen hatte, entschied nun der BGH: Das Brautpaar hat keinen Anspruch auf Rückerstattung der Miete, das erstinstanzliche Urteil wird wiederhergestellt.
Zu den Gründen:
- Es lag keine Unmöglichkeit im Sinne der §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB vor. Durch die Coronaschutzverordnung wurde weder den Klägern die Nutzung der angemieteten Räume noch der Beklagten die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.
- Die Kläger haben auch keinen Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) auf Anpassung des Mietvertrags, so dass sie von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Miete vollständig oder teilweise befreit wären. Denn Ziel der Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage ist nicht die völlige Beseitigung des Vertragsverhältnisses, sondern der Vertrag soll nach Möglichkeit aufrechterhalten werden. Die Beklagte hatte den Klägern eine Vielzahl von Ausweichterminen angeboten und eine Verlegung der Hochzeitsfeier wäre den Klägern auch zumutbar gewesen, zumal sie schon seit über einem Jahr standesamtlich verheiratet gewesen sind. Die Hochzeitsfeier stand daher nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer standesamtlichen oder kirchlichen Trauung.
2. Dienstverträge
Beispiele: DJ/ Band, Trauredner
Auch hier kann der Vertrag nur aus wichtigem Grund gekündigt werden (s. Ausführungen zu Mietverträge).
ABER: In beiden Fällen ist die Möglichkeit der Schließung eines Aufhebungsvertrags zu prüfen.
3. Werkverträge
Beispiele: Catering, Fotograf, Konditor
- Gesetzliche Regelung: Für den Werkvertrag gilt grundsätzlich der § 648 S. 1 BGB, d.h. die Kündigung des Werkvertrags ist jederzeit möglich (s.o.). Allerdings kann der Auftragnehmer trotz Kündigung die Vergütung für bereits erbrachte Leistungen verlangen. Für alle Leistungen, die bisher nicht erbracht wurden, gibt es eine sogenannte Vermutungswirkung im Gesetz. Diese besagt, dass dem Auftragnehmer 5 % der noch nicht erbrachten Leistungen zustehen.
- Vertragliche Regelung: Viele Dienstleister haben in den vertraglichen Regelungen und AGBs Stornierungsbedingungen festgelegt. Diese sind vorrangig gegenüber der gesetzlichen Regelung zu behandeln, solange sie den Verbraucher nicht zu stark benachteiligen. Auch hier ist eine Rechtsberatung von Vorteil.
Kontakt
Sie mussten oder wollen Ihre Hochzeit stornieren und sind sich unsicher, auf welchen Kosten Sie sitzenbleiben? Dann kontaktieren Sie uns unter der 06131 / 95009 – 0 oder schreiben Sie eine E-Mail an info@gc-kanzlei.de. Wir von der Kanzlei Gräf & Centorbi helfen Ihnen gerne weiter!