Arbeitnehmer muss Provision für Personalvermittlung nicht erstatten
Hintergrund
Ein Headhunter ist eine Person oder ein Unternehmen, das im Auftrag von Unternehmen nach qualifizierten Fach– und Führungskräften für bestimmte Positionen sucht. Hierfür erhalten sie eine Provision für jede erfolgreiche Vermittlung von Arbeitnehmer an Arbeitgeber. Gezahlt wird diese normalerweise durch den Arbeitgeber – in der Aussicht, dass der Arbeitnehmer länger bleibt.
Sachverhalt
Nachdem ein Headhunter erfolgreich vermittelt hat, schlossen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Ende März 2021 einen Arbeitsvertrag, auf dessen Grundlage der klagende Arbeitnehmer ab dem 01.05.2021 bei der beklagten Arbeitgeberin tätig wurde. Für die Vermittlung erhielt der Headhunter rund 4.500 Euro. In dem Arbeitsvertrag hielt der Arbeitgeber fest, dass er einen Teil der gezahlten Vermittlerprovision vom Arbeitnehmer zurückverlangen könne, sofern das Arbeitsverhältnis nicht über den 30.06.2022 (d.h. nicht über 14 Monate) hinaus fortbestehen sollte. Bereits nach zwei Monate hatte der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag fristgerecht gekündigt. Anschließend behielt die Beklagte hinsichtlich der „geschuldeten“ Provisionserstattung einen Teilbetrag von 800 Euro vom Gehalt des Arbeitnehmers ein. Hiergegen klagte der Arbeitnehmer und forderte die Zahlung des einbehaltenen Vergütungsbetrags. Er behauptete, die Erstattungsregelung sei unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteiligte. Die Beklagte hingegen wand ein berechtigtes Interesse an der Provision ein.
Abwälzung verstößt gegen Treu und Glauben
Das Bundesarbeitsgericht stimmte der Ansicht des Arbeitnehmers zu (BAG, Urteil vom 20.06.2023 – 1 AZR 265/22). Nach Auffassung der Richter in Erfurt benachteilige die Provisionsregelung den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei daher nach §307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Kläger werde hierdurch in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründetes Interessen der Beklagten gerechtfertigt wäre. Der Arbeitgeber habe grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beende. Es bestehe deshalb kein billigenswertes Interesse der Beklagten, solche Kosten auf den Kläger zu übertragen. Der Kläger erhalte auch keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahl ausgleichen könnte.
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